Sind Ahmadis Muslime?

Eine Antwort auf den Artikel „Qadianis –eine nicht-muslimische Minderheit in Pakistan“:

„Die Qadianis, eine nicht-muslimische Minderheit in Pakistan“,

dies ist der Titel eines Artikels von Prof. Abdul Ghafoor Ahmad, der als ein Führer der „Jamaat-e-Islami“ – und ein „Mitglied der Nationalversammlung Pakistans“ – vorgestellt wird. Der Artikel erschien in der Ausgabe Januar 1975 des Journals der Muslim World League, Mekka.

Sogar eine flüchtige Begutachtung des Artikels enthüllt, dass er in einem Geist extrem einseitiger Parteinahme geschrieben ist, ohne irgendein Verhältnis zur Wahrheit, und vor Falschheiten, irreführenden Halbwahrheiten und Irrtümern strotzt. Schon der Titel des Artikels weist auf seinen Geist hin. Die Mitglieder der Ahmadiyya Bewegung, die sich während ihrer langjährigen Geschichte Ahmadis immer schon genannt hatten, werden hier mit einem Spitznamen als Qadianis angeredet, einem Beinamen, der ihnen von ihren Gegnern zugefügt wurde, um so Verachtung auszudrücken. Dieses Verhalten legt einen bedauernswerten Mangel an Höflichkeit und guten Manieren an den Tag, die auf der gleichen Stufe liegen wie jene einiger Opponenten der Jamaat-e-Islami (Die Jamaat e-Islami (JI, „Islamische Gemeinschaft”) wurde in den 1940er Jahren als Partei und Bewegung von Maulana Abu A’la Maudoodi gegründet), die auf die Mitglieder dieser Jamaat (Ahmadiyya Muslim Gemeinde) als Maudoodies anspielen.

Der Artikel beginnt mit der Feststellung:

„Das Parlament von Pakistan hat am 7. September 1974 einstimmig eine Resolution verabschiedet, die alle Gruppierungen der Qadianis zu Nicht-Muslimen erklärt.”

Diese kurze Feststellung löst eine Reihe von Fragen aus und verlangt nach einigen Erklärungen. Ganz zu Anfang ist man mit der Frage konfrontiert: Welche Autorität besitzt das Parlament von Pakistan, dass es solch eine Erklärung abzugeben in der Lage ist? Es ist keine geistliche Institution. In der Tat gibt es kein geistliches Organ im Islam, das das Recht hat, solch eine Entscheidung zu treffen.

So weit es die Verfassung von Pakistan angeht, so gibt es in ihr keine Aussage, die irgendeiner Anzahl von nicht-muslimischen Bürgern von Pakistan es verbietet, zu Mitgliedern der National-Versammlung und des Senats gewählt zu werden. Stellen wir uns einmal vor, zum Zwecke der Verbildlichung, dass am 7. September genau ein Drittel Mitglieder, plus einem Mitglied, der National-Versammlung Nicht-Muslime gewesen seien, und sie alle hätten sich der Stimmabgabe für diese Resolution enthalten.

In solch einem Falle wäre die Resolution abgelehnt worden gemäß Artikel 239 (1) der Verfassung, sogar dann, wenn alle muslimischen Mitglieder für die Resolution gestimmt hätten. Somit wäre, trotz der einstimmigen Stimmabgabe der muslimischen Mitglieder der Versammlung, das Gegenteil eingetreten und die Ahmadis würden weiterhin gemäß der Verfassung und des Gesetzes als Muslime gelten.

Wie es nun der Fall ist, genau 16 Mitglieder der Versammlung versäumten es, für die Resolution zu stimmen. Falls die Zahl solcher Enthaltungen ein Übermaß von ein Drittel der gesamten Mitgliedschaft der Versammlung erreicht hätte, wäre die Resolution abgelehnt worden und das trotz des „einstimmigen“ Charakters der Stimmabgaben, entsprechend der Aussage von Prof. Abdul Ghafoor Ahmad.

Wir sehen zudem: Im Senat haben, von einer vollzähligen Mitgliedschaft von 63, genau 14 Mitglieder die Abstimmung der Resolution versäumt. Falls die Zahl solcher Enthaltungen auf 32 angestiegen wäre, wäre die Resolution gemäß Artikel 239 (2) der Verfassung abgelehnt worden, und das trotz der sogenannten einstimmigen Stimmabgabe zu ihren Gunsten und trotz der Annahme seitens der Versammlung.

Somit würde die Frage, ob Ahmadis Muslime sind oder nicht – und somit in der Tat auch die Frage, ob irgendein Individuum oder eine Gruppe Muslim ist oder nicht – der Stimmung, den Launen und unvorhersehbaren Zufälligkeiten der Legislative – eingeschlossen ihrer Zusammensetzung – unterliegen.
Darüber hinaus würde, falls das Parlament die Autorität besitzt, festzulegen, ob ein Individuum oder eine Gruppe Muslim ist oder nicht, es gleichermaßen die Autorität besitzen zu entscheiden, ob ein Individuum oder eine Gruppe Christ wäre oder nicht, Sikh oder nicht, oder ein Hindu, oder ein Buddhist, oder ein Zoroastrier oder nicht. Dies trotz der Garantie, die in Artikel 20 (a) der Verfassung festgelegt ist, dass

„jeder Bürger das Recht haben soll, seine Religion zu bekennen, zu praktizieren und zu propagieren.“

Die Wahrheit ist, dass soweit es die Verfassung und das Gesetz anbelangt, jedes Individuum das Recht hat, zu bestimmen, was seine Religion ist, und keine Legislative hat das Recht, die Rechtgläubigkeit oder Richtigkeit seines Glaubens oder seiner Lehrmeinungen oder der Interpretation, die er ihnen unterlegt, in Frage zu stellen. Artikel 8 (1) der Verfassung sieht vor, dass irgendein Gesetz

„insofern es unvereinbar ist mit den Rechten, die bei diesem Abschnitt bestätigt werden, bis zu dem Maß, zu dem es Unvereinbarkeit aufweist, ungültig sein soll“,

und (2) dass

„der Staat nicht irgendein Gesetz erlassen soll, dass die Rechte, die hiermit zugestanden werden, abändert oder wieder nimmt und irgendein Gesetz, das im Gegensatz zu diesem Klausel erlassen wird, soll bis zu dem Ausmaß seines Gegensatzes ungültig sein.“

Es ist somit klar, dass das Parlament nicht die Kompetenz hatte, zu entscheiden, ob eine bestimmte Gruppe von Bürgern Pakistans Muslim ist oder nicht, und sich auf diese müßige Übung einzulassen, bedeutet nur, eine lächerliche Absurdität zu begehen, die, falls sie nicht zurückgenommen wird, großen Schaden in vielerlei Richtungen bewirken wird.

Es könnte von Interesse sein zu untersuchen, wie die Empfehlungsschreiben der Mitglieder des Parlaments von Pakistan für den Zweck einer solchen Übung aussehen. Es ist zutreffend, dass man unter ihnen vielleicht ein halbes Dutzend Leute entdecken kann, die beanspruchen könnten, Gottesgelehrte zu sein und zwar eines gewissen fanatischen, eigensinnigen und obskuren Typus und dennoch bis zu einem gewissen Grad in geistlichem Wissen versiert. Unter dem Rest der Mitglieder wird es schwierig sein, auch nur ein Dutzend zu finden, das den Heiligen Koran akkurat lesen kann, lassen wir einmal beiseite, ob es seine Bedeutung versteht. Ein Parlament, das solchermaßen zusammengesetzt ist, spricht sich selbst das Recht ab, über den Glauben einer Gemeinschaft zu urteilen, deren durchschnittliches Mitglied weitaus besser in diesen religiösen Fragen Bescheid weiß, als die Gesamtheit der Mitglieder des Parlaments zusammengenommen; und das weitaus strikter und frommer die Werte des Islam bestätigt, als ein durchschnittliches Mitglied des Parlaments. In der Tat ist es so, dass, was die Übereinstimmung islamischer Werte mit dem täglichen Verhalten betrifft, je höher der Rang eines Mitglieds des Parlaments ist, desto betrüblicher ist sein Standard in jener Hinsicht.

Eine Verbildlichung soll genügen. Hier ist eine klare und eindeutige Auflage des Islam, wie sie im Heiligen Koran festgesetzt ist.

„O die ihr glaubt, Alkohol, Glücksspiel, Götzenbilder und Lospfeile werfen, um die Zukunft zu erforschen, sind eine Abscheulichkeit und des Satans Erfindung. So wendet euch vollkommen von ihnen ab, damit ihr Erfolg habt. Satan versucht nur, Feindschaft und Hass zwischen euch durch die Mittel des Alkohols und des Glücksspiels zu erregen und euch von dem Gedenken Gottes und vom Gebet abhalten. Wollt ihr also davon Abstand nehmen?“ (5:91-92)

Wagt man zu denken, dass Prof. Abdul Ghafoor Ahmad den moralischen Mut hat, die Namen solcher führender Mitglieder des Parlaments von Pakistan zu veröffentlichen, die einer so abscheulichen und satanischen Erfindung wie dem Alkohol frönen, um somit die islamische Welt in die Lage zu versetzen, selbst über die moralische Redlichkeit jener zu urteilen, die sich selbst verantwortlich dafür erklären, jene als Nicht-Muslime zu verdammen, die nicht nur all diese, sondern alle Scheußlichkeiten scheuen und danach streben, einen hohen Standard von Rechtschaffenheit in jeder Einzelheit ihres täglichen Lebens zu erlangen, in Übereinstimmung mit den Werten, die vom Heiligen Qurân und dem Heiligen Prophetensaw ihnen eingeschärft werden.

Der Justizminister von Pakistan spielte eine führende Rolle in den Vorfällen im Parlament, die in der Resolution vom 7. September 1974 ihren Höhepunkt fanden. Er war nahezu ein Ankläger der, im Namen des Parlaments, eine Untersuchung über die Glaubenssätze und Lehrmeinungen der Ahmadis durchführte.

Wäre Prof. Ahmad bereit, feierlich zu versichern, ob ein Offizieller, der mit einer so verantwortlichen Funktion betraut ist, frei ist vom Makel dieser abscheulichen und satanischen Erfindung?

Prof. Ahmad kann diese Fragenstellungen nicht als irrelevant vom Tisch fegen. Er wird nicht ableugnen, dass es ein überaus ernstes und schwerwiegendes Unternehmen ist, eine Gemeinschaft des Unglaubens zu bezichtigen. Die Angelegenheit geht weit über die Verfassung und das Gesetz hinaus. Sie hat beinahe den Anstrich eines Vergehens gegen ein Privileg Gottes; denn eigentlich ist es nur Gott, Der weiß und Der darüber urteilen kann, wer richtig geleitet ist und wer nicht. Das wird vom Heiligen Koran bestätigt:

„Dein Herr kennt am Besten jene, die von Seinem Pfad abgeirrt sind, und Er kennt am Besten jene, die richtig geleitet sind.“ (16:126)

Gottes Urteil wahrzunehmen, ist nicht schwierig. Das Parlament von Pakistan hat es auf sich genommen zu verkünden, dass Ahmadis in einem tödlichen Irrtum hinsichtlich einer lebenswichtigen Angelegenheit der Lehrmeinung sind, die sie außerhalb des Islam wirft. Es ist wiederholt und weithin behauptet worden, dass die Ahmadiyya-Bewegung seit ihrer Gründung im Jahre 1889 in diesem schweren Irrtum gefangen ist und auf ihm bestanden hat all die Jahre hindurch und auch weiterhin darauf, bis heute, besteht. Sollte es nicht daraus folgen, dass sie, unter göttlichem Urteilsspruch, von den Wegen der Rechtschaffenheit ausgeschlossen ist; und dass jene, die beanspruchen, recht geleitet zu sein, deutlich gesehen und bekannt gemacht würden als solche, die die Pfade der Rechtschaffenheit, wie sie im Heiligen Koran niedergelegt sind, beschreiten? Wie kann es dann sein, dass das tatsächliche Bild gerade umgekehrt ist? Hat nicht der göttliche Urteilsspruch die Dinge über einen Zeitraum von 86 Jahren ausreichend klar gemacht? Wir haben einen Vorfall zitiert und haben Prof. Ahmad aufgefordert, seine Zeugenschaft in dieser Sache dagegenzusetzen. Wir sind aber bereit, die Herausforderung zu erweitern und auf alle jene Seiten positiver Anstrengungen auszudehnen, die im Heiligen Koran genau erklärt sind. Die Herausforderung ist nicht auf Prof. Ahmad beschränkt. Jeder gewichtige Gegner des Ahmadiyyat ist willkommen, sie aufzunehmen.

Quelle: Ahmadiyya Musim Jamaat, Sind Ahmadis Muslime?, Verlag der Islam, S.1-7