Allah / Gott

Was sind die Namen Gottes?

Die Eigenschaften Gottes werden im Heiligen Koran erwähnt oder können aus den entsprechenden Versen abgeleitet werden. Durch ihre Betrachtung wird uns der vom Heiligen Koran dargelegte Plan eines eigenen Kosmos offenbar. Die Namen bzw. Eigenschaften Allahs kann man in drei Kategorien unterteilen:

1) Die Eigenschaften, die Gott besonders und ohne Beziehung zu Seinen Geschöpfen besitzt, z.B. Al-Haii, der Lebendige; Al-Quddus, der Makellose, Der Heilige; Al-Madschid, der Glorreiche, usw.

2) Die Eigenschaften, die sich auf die Schöpfung beziehen und Gottes Verhältnis und Stellung zu Seinen Geschöpfen bezeichnen: Al-Chaliq, der Schöpfer; Al-Malik, der König usw.

3) Die Eigenschaften, deren Wirkung durch gute und schlechte Handlungen jener Geschöpfe Gottes ausgelöst wird, denen ein eigener Wille verliehen worden ist: Ar-Rahim, der die guten Taten reichlich und immer wieder belohnt; Malik-Jaum-al-Din, der Herr über den Tag des Jüngsten Gerichts, Ar-Ra’uf, der Mitleidige, usw.

1

Allah

Der Eigenname Gottes

2

Ar-Rahman

Der Gnädige

3

Ar-Rahim

Der Barmherzige

4

Al-Malik

Der König, der Herrscher

5

Al-Quddus

Der Makellose, Der Heilige

6

As-Salam

Die Quelle des Friedens

7

Al-Mo’min

Der Verleiher und Bewahrer der Sicherheit

8

Al-Mohaymin

Der Beschützer

9

Al-Aziz

der Allmächtige, alle Macht geht von Ihm aus

10

Al-Dschabbar

Der Unterwerfer

11

Al-Muttakabir

Der Vornehme, der Erhabene

12

Al-Chaliq

Der Schöpfer

13

Al-Bari

Der Erschaffer aus dem Nichts

14

Al-Musawwir

Der Gestalter

15

Al-Ghaffar

Der große Verzeiher

16

Al-Qahhar

Der, dem sich niemand widersetzen kann

17

Al-Wahhab

Der Gewährende, Der Schenkende, ohne zu rechnen

18

Ar-Razzaq

Der Versorger

19

Al-Fattah

Der Öffner Der Türen

20

Al-‚Alim

Der Allwissende

21

Al-Qabiz

Der Abmessende, der Gaben nach seinem Ermessen zurückhält

22

Al-Basit

Der Zuteilende, der Gaben nach seinem Ermessen gibt

23

Al-Chafiz

Der Erniedriger der Hochmütigen

24

Ar-Rafi

Der Erhörer der Demütigen

25

Al-Mu’izz

Der Ehre-Verleihende

26

Al-Muzill

Der Demütiger von Unterdrückern ihrer Mitmenschen

27

As-Sami

Der Allhörende

28

Al-Basir

Der Allsehende

29

Al-Hakam

Der weise Richter

30

Al-‚Adl

Der Gerechte

31

Al-Latif

Der Feinfühlige, der Scharfsinnige, der das Feinste in allen Dimensionen erfasst

32

Al-Chabir

Der Kundige, der um die kleinsten Rechnungen des Herzens weiß

33

Al-Halim

Der Nachsichtige, Mitfühlende

34

Al-‚Azim

Der Großartige, Erhabene

35

Al-Ghafur

der immer wieder Verzeihende

36

Asch-Schakur

der Dankbare, Belohnende

37

Al-‚Aliyy

Der Hohe

38

Al-Kabir

Der unvergleichlich Große

39

Al-Hafiz

Der Bewahrer, Erhalter

40

Al-Muqit

Der Alle-Ernährende

41

Al-Hasib

Der genau Berechnende, Garant

42

Al-Dschalil

Der Majestätische

43

Al-Karim

Der Ehrenvolle, Großzügige

44

Ar-Raqib

Der Wachende, der Wachsame, dem nichts entgeht

45

Al-Mudschib

Der Erhörer der Gebete

46

Al-Wasi‘

Der Alles Umfassende

47

Al-Hakim

Der Allweise

48

Al-Wadud

der Liebevolle, dessen Liebe jedes Ding umfasst

49

Al-Madschid

Der Glorreiche

50

Al-Baais

Der Erwecker, der die Menschen am jüngsten Tage wieder zu Leben erwecken wird

51

Ash-Shahid

Der Zeuge

52

Al-Haqq

Der Wahrhaftige

53

Al-Wakil

Der Helfer und Bewacher

54

Al-Qawii

Der Allmächtige, der Starke

55

Al-Matin

Der Dauerhafte, der einzig wirklich Starke

56

Al-Walii

Der Schutzherr eines jeden, der Schutz und Leitung braucht

57

Al-Hamid

Der Preiswürdige, dem aller Dank gebührt

58

Al-Muhsi

Der Zählende, der Alles Aufzeichnende

59

Al-Mubdi

Der Beginnende, der Urheber alles erschaffenen aus dem Nichts

60

Al-Mu´id

Der Wiederholende, der alles wieder zum Leben erwecken wird

61

Al-Muhyi

Der Lebenspendende

62

Al-Mumit

Der, in dessen Hand der Tod ist

63

Al-Haii

Der Lebendige, Der aus sich selbst Seiende

64

Al-Qayyum

Der Ewige

65

Al-Wadschid

Der Finder und Entdecker, Der Alles Bekommende

66

Al-Madschiid

Der Ruhmvolle

67

Al-Qadir

Der zu Allem Fähige, Besitzer aller Macht und Autorität

68

Al-Muqtadir

Der Alles Bestimmende

69

Al-Muqaddim

Der Voranstellende

70

Al-Mu’achir

Der Aufschiebende

71

Al-Awwal

Der Erste, ohne Anfang

72

Al-Achir

Der Letzte, ohne Ende

73

Az-Zahir

Der Offenbare

74

Al-Batin

Der Verborgene, den niemand wirklich vollständig begreift

75

Al-Wali

Der Einzige und absolute Herrscher

76

Al-Muta’ali

Der Hohe, Der Reine, Besitzer vorzüglicher Eigenschaften

77

Al-Barr

Der Gute

78

At-Tawwab

Der die Reue seiner Diener annehmende

79

Al-Mun’im

Der Gunstverleiher

80

Al-Muntaqim

Der gerechte Vergelter

81

Al-Afwu

Der Vergeber der Sünden

82

Ar-Ra’uf

Der Mitleidige, der Mitleid hat

83

Malik-ul-Mulk

Der Inhaber aller Reichtümer

84

Al-Muqsit

Der unparteiische Richter

85

Al-Dschaami‘

Der Versammelnde, der alle Menschen am Tage des Gerichts versammeln wird

86

Al-Ghani‘

Der Reiche, der niemanden braucht

87

Al-Mughni‘

Der Verleiher von Reichtum

88

Al-Maani

Der Zurückweisende

89

As-Zarr

Der Schaden zufügende

90

An-Naafi‘

Der Vorteil gebende

91

An-Nuur

Das Licht

92

Al-Hadi‘

Der Leitung gebende

93

Al-Badii´

Der Schöpfer Des Neuen

94

Al-Baaqi

Der Überlebende

95

Al-Waris

Der Einzige Erbe (denn außer ihm ist nichts beständig)

96

Ar-Raschid

Der Führung gibt

97

As-Sabur

Der Geduldige

98

Zhul-Arsh

Der Herr des Thrones

99

Zhul-Waqar

Der Besitzer von Würde und Ruhe, der alles mit Verstand und zur Erfüllung eines gewissen Zwecks macht

100

Al-Mutakallim

Der Sprechende

101

Asch-Schaafi

Der Heiler

102

Al-Kaafi

Der Genügende

103

Al-Ahad

Der Einzige

104

Al-Wahid

Der Eine

105

As-Samad

Der Unabhängige

106

Zul-Dschalali-wal-Ikram

Derjenige, dem Majestät und Ehre gebühren

„Allahs sind die schönsten Namen; so rufet Ihn an mit ihnen.“ (7:181)

Was sind die Grundattribute Gottes?

Allah ist der eigentliche oder persönliche Name des göttlichen Wesens. Ein Eigenname trägt nicht notwendiger Weise eine Bedeutung in sich, aber weil Allah der Eigenname des göttlichen Wesens ist, umfasst er alle Attribute, die im einzelnen in den verschiedenen Namen Gottes, die Seine speziellen Eigenschaften bezeichnen, enthalten sind, wie sie im Heiligen Koran in unterschiedlichen Zusammenhängen angeführt werden.

Die Eigenschaften Gottes, mit denen alle anderen göttlichen Attribute verknüpft sind, werden gleich in der ersten Sure (1:1-4) genannt:

Rabb ul-Alamin

Dies wird meistens mit „Herr der Welten“ übersetzt, aber gemäß der koranischen Ausdrucksweise bedeutet es, dass Allah der Schöpfer und Erhalter aller Welten und Wesen ist und sie Schritt für Schritt zur Vollkommenheit führt. „Rabb“, also Wegbereiter zur Vollkommenheit in jedem Bereich, ist somit eines der wichtigsten göttlichen Attribute. Das Wort „Rabb“ enthält darüber hinaus eine weitaus größere Idee, nämlich die Idee der unbegrenzten Liebe des Schöpfers dieses Universums, Der nicht nur jedes Ding in den Zustand seiner Existenz gebracht hat, sondern Der darüber hinaus Vorsorge getroffen hat, um die gesamte Schöpfung in jeder Hinsicht mit Nahrung zu versorgen, die schrittweise zur Vollendung führt.

Ar-Rahman

Der Gnädige, Der Vorsorge getroffen hat zur Erfüllung des Zwecks der Schöpfung des Menschen und der Universen. Ohne dass Seitens seiner Geschöpfe irgendeine Anstrengung unternommen werden müsste, versorgt Er sie mit allem, was notwendig ist für ihre Entwicklung und ihren Fortschritt und stellt jedem, ob gläubig oder nicht, die Schätze der Natur zur Verfügung.

Ar-Rahim

Der Barmherzige, Der Seine Wohltaten denjenigen gewährt, die der Leitung folgen und rechtschaffene Taten vollbringen. Ar-Rahim ist eine Form der Barmherzigkeit Gottes, die wir durch unsere eigenen Anstrengungen auf uns lenken. Ar-Rahman und Ar-Rahim stammen von derselben Wortwurzel ab: Rahama, was die Ausübung von Wohltätigkeit erfordert und somit die Vorstellung von Liebe und Gnade enthält. Dass die Namen Ar-Rahman und Ar-Rahim jede Sure des Heiligen Korans eröffnen, zeigt deutlich welche große Rolle das Thema der Gnade des Allmächtigen im Heiligen Koran einnimmt.

Malik-i-yaumid-Din

Der Meister des Gerichtstages. Allah ist also nicht nur Richter. Der wesentliche Unterschied zwischen einem Richter und einem Meister ist der, dass der erstere daran gebunden ist Gerechtigkeit auszuüben und diejenigen, die schlechte Taten vollbracht haben, bestrafen muss, während der Meister mit Umsicht und nach seinem Ermessen (auch als Allwissender) vorgehen kann und den Übeltäter entweder bestrafen oder aber ihm verzeihen kann.

Wird Allah im Islam nur als Herrscher dargestellt?

Schon die erste Sure des Heiligen Korans gibt Aufschluss über die Liebe Gottes für den Menschen. Gott wird als Rabb, d.h. Schöpfer und Erschaffer, Versorger und Förderer des Weltalls dargestellt. Dieses Wort hat auch die Bedeutung, dass Er um Seine Geschöpfe als liebevoller Vater besorgt ist und all das bereitstellt, was für die körperliche und geistige Entwicklung des Menschen notwendig ist. Dann heißt Gott Al-Rahman, d.h. derjenige, Der gibt ohne Verdienst und ohne, dass man von Ihm verlangt. Weiter heißt Er Al-Rahim, d.h. Er gibt, wenn man etwas von Ihm verlangt und belohnt gemäß dem Verdienst. Ferner wird Gott Malik genannt, d.h. Er wird am Gerichtstag nicht bloß richterliche Gewalt ausüben, sondern wird den Menschen über das Maß des Verdienstes hinaus belohnen oder vergeben, ohne eine Sühne zu verlangen.

Darüber hinaus lesen wir im Heiligen Koran:

„Ich treffe mit Meiner Strafe, wen Ich will; doch Meine Barmherzigkeit umfasst jedes Ding…“ (7:157)

Auch an anderen Stellen wird Er als liebender Gott dargestellt. Jedoch liegt der wahre Glaube im Islam zwischen Hoffnung und Ehrfurcht. Hoffnung, damit der Mensch nicht verzweifelt und bei schweren Prüfungen Gott als seinen Anker betrachtet; Furcht oder Ehrfurcht, damit er vor Selbstgefälligkeit und Selbstzufriedenheit bewahrt bleibe.

Gott hat Freude an jedem verlorenen Menschen, der seinen Weg zu Ihm findet, mehr Freude, als eine Mutter, die ihr verlorenes Kind nach langem Suchen und Weinen wieder zurückbekommt, um eine Überlieferung des Heiligen Propheten Muhammadsaw zu zitieren.

Theodizee-Frage: Warum lässt Gott soviel Leid zu?

Die folgende Antwort basiert auf einer Ausführung vom vierten Khalifen der Ahmadiyya Muslim Jamaat, Hadhrat Mirza Tahir Ahmad, Khalifatul Massih IVra:

Wenn wir die Geschichte der Evolution studieren, stellen wir fest, dass Evolution in ihrem gesamten Ablauf von der Triebkraft des Gewinnens und des Verlustes geprägt ist. Ohne den Wertbegriff von Gewinn oder Verlust gibt es weder Freude noch Leiden. Es ist die Evolution des Bewusstseins, die Freude und Leiden entstehen lässt. Mit dem Bewusstsein werden die es umgebenden Freuden und Leiden bewusster und bedeutungsvoller für die betreffende Person. Je höher sich das Bewusstsein entwickelt, desto stärker wird der Sinn für Verlust – genannt Leiden -, und je weniger entwickelt das Bewusstsein ist, desto weniger leidet der Mensch.

Glückseligkeit und Leiden stehen in einer direkten Beziehung zueinander. Wenn wir den Pegel des Leidens senken, sinkt gleichzeitig und im gleichen Maß auch der Pegel des Glücks. Wenn man sich von dem einen befreit, müsste man auch auf das andere verzichten.

Allah wollte Glückseligkeit und Freude schaffen, nicht aber Leiden. So heißt das Fehlen von Glück oder Freude Leiden, welches ein Schatten und Gegenstück des ersteren ist. Genauso wie das Licht einen Schatten wirft, so wirft auch Freude einen Schatten, den wir Leiden nennen. Dieses Phänomen wird im Heiligen Koran in der Sure 67:2-5 erwähnt.

Die Entwicklung des menschlichen Geistes und sein Fortschritt sind nur durch den Kampf zwischen den Kräften des Lebens oder dem Fehlen dieser Kräfte möglich. Es braucht eine Motivation. Es ist dieser Kampf, der für die Veredelung des Charakters verantwortlich ist und der das ganze Spektrum des Lebens beeinflusst. Ohne die Gefühle von Freude und Glück würde das Leben jeden Sinn verlieren. Das Dasein von Leiden ist die natürliche Folge des Daseins von Glückseligkeit. Ob der Mensch sich jedoch in die Richtung des Lichts oder der Dunkelheit, des Lebens oder des Todes bewegt, geschieht meistens aus seinem eigenen Antrieb.

Es gibt allerdings Fälle, wo die leidende Person offensichtlich den Weg des Leidens nicht aus eigener Wahl begeht. Dies kann im weit gesteckten Rahmen des größeren Planes vorkommen, bleibt jedoch eine Ausnahme der Regel. So sind die Menschen sich manchmal ihrer Verantwortung in Bezug auf das Leiden nicht bewusst. Es gibt ein Gesetz der Vergeltung und Wiedergutmachung durch die Natur. Fest steht jedenfalls, dass ein solches Leben ohne Leid sich nicht weiterentwickeln, sondern immer in einem Stillstand verharren würde.

Wenn wir auf die Zeit der Bakterien zurückgreifen, finden wir diese als die Bakterie mit Zellkern, die Bakterie ohne Zellkern und der Pyrobakterie, geschaffen aus Feuer. Dies sind die drei frühesten dem Menschen bekannten Lebenseinheiten. Wäre von Anfang an kein Wettkampf und kein Wetteifern, kein Kampf ums Überleben – weil alle gleichmäßig versorgt wären und natürlich kein Leiden da wäre – gäbe es keine Probleme und keine Lösungen. Aber dann wäre auch der Mensch nicht geboren worden, weil das ganze System der evolutionären Entwicklung fehlen würde.

Um auf die Menschen zurückzukommen, die ohne eigene Verschuldung leiden: Diese werden von Gott nach ihren Verhältnissen beurteilt, und wenn ihr Leiden ein Ende findet, werden sie in eine neue Ära der unendlichen Glückseligkeit geführt werden, einer Glückseligkeit, die die Zeit des Leidens in ihren Augen als einen Augenblick erscheinen lassen wird. Man wendet ein, all das sei bloß ein Beruhigungsmittel und nichts weiter. Es gäbe keinen Gott, und wir sollten uns nicht mit derartigen Theorien zufrieden geben. Die ganze Frage der Philosophie des Leidens stellt sich jedoch erst, wenn man die Existenz Gottes annimmt, denn die Frage der Moral wird erst dann relevant. Wenn es keinen Gott gibt, kann auch nicht die Rede davon sein, der Religion oder der Weltanschauung die Schuld zu geben, sondern man nimmt es, wie es ist. Alles wäre nur den Gegebenheiten der Natur zuzuschreiben, und der Mensch müsste sich damit abfinden. Darüber hinaus sei noch auf folgenden Koranvers hingewiesen:

„Allah belastet niemanden über sein Vermögen. …“ (2:287)

Somit sind Menschen, denen Leid widerfährt, in gewisser Hinsicht mit einer besonderen Stärke ausgezeichnet.

Wie erklären sich Katastrophen und Unglücksfälle?

Zunächst ist zu sagen, dass es der Plan Gottes will, dass unser Leben gewissen Naturgesetzen unterstellt ist. Naturgesetze müssen unverändert wirken, ansonsten würden sie die Wirkung verlieren und ihren Zweck verfehlen. Um einen Unfall zu verhindern, müsste u.a. das Gesetz der Schwere außer Kraft gesetzt werden, was den Unfall wohl verhindern würde und wobei einige Menschen am Leben bleiben würden; aber dafür würde vielleicht vielen Hunderttausenden das Leben genommen und es würde im Weltall ein nicht wieder gut zu machender Schaden entstehen.

Wenn ein unsichtbarer Arm jedes unschuldige Opfer eines Verbrechens schützen sollte, so würde es heißen, dass die Zukunft insofern sicher ist, als einem nichts passieren kann. Wem „nichts passieren kann“, dem passiert auch nichts Gutes.

Außerdem sind die meisten Unglücksfälle den mangelnden Kenntnissen und dem unvorsichtigen Vorgehen des Menschen zuzuschreiben. Es zeigt sich dann – allerdings zu spät für den betreffenden Unfall – welche Maßnahmen der Mensch hätte ergreifen sollen, um den Unfall zu verhindern. Diese neu gewonnene Erkenntnis ist aber nicht zu spät für die Verhinderung weiterer ähnlicher Unfälle.

Auch sollten wir nicht vergessen, dass auf der ganzen Welt jedes Jahr Millionen von Menschen sterben, viele durch gewaltsame Einwirkung von außen. Der individuelle Tod an sich ist nicht weniger tragisch als der kollektive, wie z.B. durch Katastrophen. Aber der Tod des Einzelnen fällt weniger auf und ist gewöhnlich auch nicht von großen Zerstörungen begleitet. Deshalb liegt es auf der Hand, dass eine große Katastrophe die Menschheit erschüttert, während der tausendfache Einzeltod unbeachtet bleibt.

Daraus kann man schließen, dass eine große Katastrophe ein Anlass für die übrige Menschheit ist, sich zu besinnen, nachzudenken, sich über ihren Lebenssinn klar zu werden und ihr Verhalten entsprechend zum Guten zu ändern. Die edelsten Eigenschaften des Menschen gelangen erst in der Stunde der Not zur Entfaltung. Seine Menschenliebe, sein Mitleid, sein Opfergeist, seine Hilfsbereitschaft, seine Entsagung, all das sind edle Eigenschaften, die von Zeit zu Zeit geweckt werden müssen.

Für die in Selbstsicherheit und an Überheblichkeit grenzende Selbstzufriedenheit lebende Menschheit sind die Katastrophen jeweils ein Fingerzeig, Einkehr zu halten und Gott für das doch nicht so selbstverständliche Glück zu danken. Außerdem spornen sie die im Wohlleben träge gewordenen Menschen an, etwas Gutes zu tun, indem sie ihren heimgesuchten Mitmenschen zu Hilfe kommen.

Was sagt der Islam zur Willensfreiheit und Vorbestimmung?

Man liest unzählige Stellen im Heiligen Koran, die besagen, Gott weise dem den richtigen Weg, den Er will, und lasse den in die Irre gehen, den Er will (14:5; 16:94). Um den wahren Sinn dieser Aussage zu erfassen, müssen wir eine allgemeine Regel der Sprache des Heiligen Korans kennen. Gott hat in der Welt viele Naturgesetze erschaffen, und gleichzeitig ist dem Menschen Handlungsfreiheit eingeräumt worden, um ihn zu einem mit Willen ausgestatteten Wesen zu machen, der somit für seine Handlungen Verantwortung übernehmen muss. Diese Handlungsfreiheit des Menschen ist jedoch nicht absolut, dennoch ist sie weit und groß genug, um ihn für sein Tun und oder Lassen verantwortlich zu machen.

Wirkung der Naturgesetze

Dass die Naturgesetze existieren und gewisse Wirkungen haben, entspricht dem Willen Gottes, und ob der Mensch diese Naturgesetze befolgt oder missachtet, ist dem Menschen freigestellt. Nicht aber die Wirkung und die Folgen der Naturgesetze.

In der Sprache des Heiligen Korans werden die Folgen einer Übertretung der Naturgesetze Gott zugeschrieben, und zwar in dem Sinne, dass die den Naturgesetzen innewohnende Wirkung von Gott ist. Wenn ein Mensch seine Hand ins Feuer steckt, so brennt sie; in der Sprache des Heiligen Korans wird nicht gesagt, der Mensch habe seine Hand verbrannt, sondern dass Gott die Hand des Menschen habe verbrennen lassen.

Geistige und religiöse Bestimmung

Ähnlich verhält es sich bei der geistigen und religiösen Führung des Menschen. Vorbestimmt ist nicht, dass dieser oder jener seine Hand ins Feuer halten muss, sondern vorbestimmt ist nur, dass das Feuer eine Hand verbrennt, wenn sie hineingesteckt wird. Vorbestimmt ist nicht, dass dieser oder jener gut oder böse sein muss, sondern nur, dass bestimmte Handlungen einen zum guten oder bösen Menschen machen. Es handelt sich also um die Bestätigung eines Zustandes:

„Dann schickten Wir nach ihm (andere) Gesandte zu ihrem Volk, und sie brachten ihnen klare Beweise. Allein sie wollten nicht (an sie) glauben, weil sie sie zuvor verworfen hatten. Also versiegeln Wir die Herzen der Übertreter.“ (10:75)

„Allah verschmäht nicht, über ein Ding zu sprechen, das klein ist wie eine Mücke oder gar noch kleiner. Die da glauben, wissen, dass es die Wahrheit von ihrem Herrn ist, dieweil die Ungläubigen sprechen: „Was meint Allah mit solcher Rede?“ Damit erklärt Er viele zu Irrenden, und vielen weist Er damit den Weg; aber nur die Ungehorsamen erklärt Er damit zu Irrenden,“ (2:27)

Gott führt niemanden in die Irre, aber Er zwingt auch niemanden, den richtigen Weg zu befolgen, sondern lässt ihm die Wahl zwischen Gut und Böse, nachdem er die Vorteile des Gute und die Nachteile des Bösen dargelegt hat.

Der freie Wille des Menschen ist ein Vorteil, der ihn vor anderen leblosen Instrumenten und Maschinen erhebt, die nur auf Befehl arbeiten. Doch über alle Gesetze Gottes überragt das Seiner Barmherzigkeit:

„Ich treffe mit Meiner Strafe, wen Ich will; doch Meine Barmherzigkeit umfasst jedes Ding…“ (7:157)

Wir sehen, dass die körperlichen Glieder von Menschen, die diese nicht gebrauchen, mit der Zeit an Kraft verlieren. Das gleiche ist der Fall mit den geistigen und seelischen Fähigkeiten, von denen man keinen Gebrauch macht und folglich seine Seele verkümmern lässt.

Fatalismus bzw. Prädestination

Der Islam lehrt, dass Gottes Wissen alles umfasst, was sich auf der Welt ereignet, und zwar bevor es geschieht. Dass die Menschen nichts von der Zukunft wissen, ist ein Segen für sie, denn allein dadurch können sie ihre Absichten ausführen und ihren Pflichten nachkommen.

Die so genannte Vorbestimmung oder das Schicksal, die uns zur Befolgung eines gewissen Weges zwingen sollten, gibt es im Islam nicht. Es gibt aber zwei Arten von Vorbestimmung: die feste (z.B. durch das Wirken von unabänderlichen Naturgesetzen) und die bedingte.

Für die erste könne wir nicht verantwortlich gemacht werden, bei der zweiten haben wir jedoch eine Wahl. Die bedingte Art der Vorbestimmung muss nicht immer Tatsache werden, sie kann verschoben oder aufgehoben werden. Dass das Feuer brennt, ist ein Beispiel für die feste Vorbestimmung Gottes, des Wirkens der Naturgesetze. Aber dass das Feuer meine Hand verbrennt, wenn ich sie ins Feuer stecke, ist ein Beispiel der bedingten Vorbestimmung, wofür ich aber verantwortlich bin.

Was den Fatalismus anbelangt, so lehrt der Islam, dass der Mensch in allen seinen Geschäften sein Bestes tun und dann zu Gott für den Erfolg beten soll. Dies in vollem Vertrauen auf Ihn, da alles von Seiner Gnade abhängt und nichts geschehen kann, was Er nicht gestattet, auch weil Er der Schöpfer aller Systeme (wie die Naturgesetze) ist. Er hat dem Menschen wohl gewisse Schranken gesetzt, die er nicht überspringen kann, dennoch genießt der Mensch die Freiheit des Handelns. Diese macht ihn für seine Handlungen verantwortlich.

Die Lehre des Islam über das allumfassende Wissen Gottes, ist also kein Anlass zur Faulheit der Menschen, die ihren eigenen Misserfolg dem „Willen Gottes“ zuschreiben. Vielmehr ist die unbekannte Zukunft dem Menschen ein Ansporn, neben seinem Vertrauen auf Gott und seinem Gebet zu Ihm alles in seiner Macht liegende zu tun, um sein Ziel zu erreichen.

Wie kann man zu Gott eine lebendige Beziehung aufbauen?

Es gibt zahlreiche Erfahrungen von Menschen, die eine lebendige Beziehung zu Gott bekamen. Dies indem sie sich dies zunächst intensiv wünschten, dafür beteten und Ihm regelmäßig Zeit widmeten: durch Gebete, Momente der Zurückgezogenheit und Meditation. Vor allem muss der Gotteserkenntnis die Selbsterkenntnis vorausgehen. Die Menschen, die eine lebendige Beziehung zu Gott aufbauen konnten, versäumten es also nie, sich selbst, ihr Handeln und die Motivationen ihres Handelns zu analysieren. Sie begingen indes nie den Fehler, sich selbst zu betrügen, und sie machten sich klar, dass die Absicht stets den Wert einer Handlung bestimmt.

Nicht das Fasten, Beten und Spenden an sich ist es, das gut ist und somit automatisch von Gott angenommen wird, sondern es kommt dabei stets auf die innere Einstellung an. Die Menschen, die eine lebendige Beziehung zu Gott aufgebaut haben, versuchen ihr Leben in jedem Augenblick bewusst zu leben und offen zu sein für Gott. Das heißt, dass Er Sich unter Umständen auf ganz andere Weise manifestiert, als sie es erwarten.

Es gibt Visionen und Wahrträume, doch es gibt auch Menschen, die Gott eher in der Schönheit oder den Gesetzmäßigkeiten der Natur finden, etwa in den Wissenschaften. Manche Menschen erkennen Ihn durch die Liebe zu einem anderen Menschen, wie wir am Beispiel des Mystikers Rumi sehen. Manche Menschen erfahren Seine Existenz zunächst nur durch den tiefen Schmerz, den das Getrenntsein von Ihm verursacht. Die tief in der menschlichen Natur verwurzelte Sehnsucht nach Gott allein ist schon eine Art Seiner Manifestation.

Allerdings sollte man sich nicht unverhältnismäßig viele Gedanken über die Vergehen, die man sich in seinem bisherigen Leben zuschulden hat kommen lassen, machen. Reue und Selbsterkenntnis allein sind es, die von Sünden reinigen. Daher sollte einer, der Gott nahe kommen will, ernsthaft bereuen, Allah um Verzeihung bitten und sein Bestes geben, um nicht dieselben Fehler noch einmal zu begehen. Allah verzeiht dem Menschen – so Gott will – alle Vergehen (39:54), also muss der Mensch sich auch selbst verzeihen!

Wie kann man sicher sein, dass es einen Gott gibt?

Hierbei ist das Betrachten der Natur sehr hilfreich. Im gesamten Universum gibt es der Argumentation des Heiligen Koran zufolge nur die gleiche Natur. Dabei stehen die Naturgesetze in Übereinstimmung miteinander, und sie kollidieren nie miteinander. Wenn es zwei Gottheiten gäbe, dann müsste es auch zwei Naturgesetze geben, die logischerweise einander gegenüberstünden.

Im Heiligen Koran wird uns die Argumentation präsentiert, dass jemand, der die Natur betrachtet – gemeint ist hier das System der Naturgesetze – , überrascht sein wird, dass im gesamten Universum nur ein System von Naturgesetzen wirkt (16:4-20). Selbst viele Wissenschaftler sind genötigt zuzugeben, dass die Symmetrie in der Natur so perfekt ist, dass es einen Schöpfer geben muss. Deshalb kann das Universum auch nicht als Chaos betrachtet werden, das automatisch aus sich selbst entstanden sei. Es muss somit einen Schöpfer geben, der das Universum in Übereinstimmung mit den Naturgesetzen, die von Ihm selbst und niemandem sonst erdacht wurden, erschaffen hat.

Warum werden Gebete nicht buchstäblich erhört?

Es gibt keinen Zweifel darüber, dass das demütige und ernsthafte Gebet, wird es in tiefem Glauben dargeboten, von Gott gehört und von Ihm, dem Allmächtigen, beantwortet wird. Zu Zeiten mag ein Gebet nicht buchstäblich angenommen werden, aber das bedeutet nicht, dass das Gebet vergeblich war. In der Tat ist kein ernsthaftes Gebet umsonst. Jedoch wir, in unserem begrenzten Wissen, können niemals sicher sein, ob es zu unserem Nutzen sein mag oder ob es am Ende zu unserem Schaden ist.

Bisweilen könnte ja das buchstäbliche Erhören des Gebetes sogar nicht einmal eine Manifestation der Gnade und Barmherzigkeit sein. In solch einem Fall könnten wir beschützt werden vor den Folgen unseres fehlerhaften Wissens, und eben dies würde die wahrhafte Gnade und Barmherzigkeit und Teil der Antwort auf unser Gebet sein. Somit werden alle ernsthaften Gebete von Gott gehört und beantwortet und sie bringen uns in Seine Nähe. Oftmals kann es geschehen, dass wir uns irgendetwas mit unserem begrenzten Verstand sehnlich wünschen und sogar dafür beten, während es für uns alles in allem ungeeignet ist. Darüber sagt der Heilige Koran:

„… und es ist wohl möglich, dass euch etwas gefällt, was für euch übel ist. Allah weiß, ihr aber wisset nicht.“ (2:217)

Dies alles trifft insbesondere im Privatbereich zu. Nur könnte man nun die Frage stellen, wieso Gebete „nicht erhört“ werden, die globale Ausmaße haben und offensichtlich gut sind, wie z.B., dass Gott die Kriege und die Hungersnöte etc. beseitigen solle. Hier sei auf die Antwort der Frage „Warum lässt Gott soviel Leid zu?“ verwiesen.